Eintrag in der Universitätsbibliographie der TU Chemnitz
Grundlagen des Übertragungsverhaltens zentralverschraubter Stirnpressverbindungen
Fundamentals of force distribution within centrally fastened friction-locking connections
Kurzfassung in deutsch
Stirnpressverbindungen stellen eine einfache und kostengünstige Form reibschlüssiger Welle-Nabe-Verbindungen dar. Bislang existierten keinerlei Untersuchungen zu den zentralen Fragestellungen des Einsatzes und der Auslegung derartiger Verbindungen, was in jüngerer Vergangenheit immer wieder zu Problemen in der praktischen Anwendung führte. Im abgeschlossenen Forschungsvorhaben wurde erstmalig das Übertragungsverhalten von Stirnpressverbindungen gezielt untersucht. Dabei wurden Betrachtungen und Analysen analytischer, numerisch-simulativer und experimenteller Art angestellt.Eine wichtige Fragestellung dabei war der Mechanismus der Belastungsübertragung in der Gesamt-verbindung. Hierzu wurde u. a. ein Ansatz entwickelt, welcher auf den „Belastungsfluss“ innerhalb der Verbindung zielt und somit die Berechnung der Schraubenbeanspruchung infolge äußerer Belastung ermöglicht. Finite-Elemente-Simulationen bestätigen die gute Genauigkeit des analytischen Modells.
Der wichtigste Punkt des Vorhabens kann in der Klärung des Einflusses der überlagerten Biege- und Querkraftanteile auf die übertragbare Torsionsbelastung gesehen werden. Hierbei zeigte sich, dass es bereits weit unterhalb der nominellen Rutschbelastung zu schleichenden Relativverdrehungen zwi-schen Nabe und Welle kommt. Dieser Versagensmechanismus wird „Wandern“ genannt und war im Bereich der Stirn-PV bisher so nicht bekannt. Es wurde ein Berechnungsmodell entwickelt, welches die Auslegung von Stirnpressverbindungen unter Berücksichtigung dieser Effekte durch Erfassung der gesamten Belastungssituation (Torsion, Biegung und Querkraft) ermöglicht. Der Berechnungsansatz stimmt sehr gut mit Finite-Elemente-Simulationen überein. Zur experimentellen Verifikation wurde ein spezieller Unwucht-Prüfstand entwickelt, der die Überlagerung von Torsions- und umlaufender Quer-kraftbiegebelastung ermöglicht. Die zahlreichen hiermit durchgeführten „dynamischen“ Versuche bes-tätigen ebenfalls das Berechnungsmodell. In der konstruktiven Praxis sollte es deshalb zukünftig die Berechnungsgrundlage für Stirnpressverbindungen bilden. Die in der Auslegung bisher angesetzten sehr hohen Sicherheiten von mindestens 2…3 können damit fortan deutlich reduziert werden, da der Einfluss von Biegung und Querkraft nunmehr auf Basis eines konsistenten mechanischen Modells be-rücksichtigt wird.
Einen weiteren Versuchspunkt bildeten Untersuchungen zum Reibwert-Verhalten. Hierbei wurden un-ter anderem verschiedene Materialpaarungen und Oberflächenzustände untersucht. Im Bereich metal-lischer Paarungen ergaben sich erwartungsgemäß Werte im Bereich µ = 0,10…0,20. Hinsichtlich einer möglichen Leistungssteigerung der Verbindungen durch Beschichtungen zeigte sich, dass nennens-werte Reibwerterhöhungen nur unter Ausnutzung des Prinzips „Mikroformschluss“ möglich sind. Be-schichtungen mit eingelagerten Hartstoff-Partikeln ermöglichen Reibwerte im Bereich von µ ≈ 0,5. Eine Alternative hierzu könnte deshalb das Laserstrukturieren der Oberflächen sein, welches ähnliche Effekte erzielt. Die Untersuchungen zeigten hierbei Reibwerte von bis zu µ ≈ 0,4, was einer Verdreifa-chung der Leistungsfähigkeit entspricht, wobei von weiterem Potenzial nach oben, aber auch von Einsatzgrenzen hinsichtlich der gepaarten Werkstoffe ausgegangen werden kann.
In der Summe liegen nunmehr Erkenntnisse vor, die eine gezielte und mechanisch fundierte Ausle-gung und Nachrechnung von Stirnpressverbindungen möglich machen.
Kurzfassung in englisch
A simple and cost-effective approach to connect the sprocket wheels or belt pulleys of the engine’s auxiliaries drive system to the crank-shaft is fastening the parts using a central bolt. In this case, load transmission is carried out exclusively by the friction among the parts’ frontal contact surfaces. Consequently, such connec-tions are typically dimensioned according to the torque load and the governing coefficient of friction.The auxiliaries’ increasing power demands involve much higher loads on such connections which may lead to severe failures, such as relative motions between the timing-sprocket and the crank-shaft. In order to un-derstand and avoid those problems, the transmission behaviour of the contact surfaces has been investigated by means of analytical, experimental, and finite-element analyses. As shown in this contribution belt and chain forces lead to additional bending loads and shear forces in the frictional contacts that reduce the trans-ferable torque dramatically. The “torque-only” dimensioning approach neglects these loads and, therefore, underestimates the required clamp load of the bolt. Theoretical considerations lead to a new analytical calcu-lation model that allows the calculation of required axial pre-tension force bolt taking the additional bending and shear load components into account. As a result, the connections can now be dimensioned precisely avoiding both critical failures and unnecessarily high safety factors.
Universität: | Technische Universität Chemnitz | |
Institut: | Professur Maschinenelemente und Produktentwicklung | |
Fakultät: | Fakultät für Maschinenbau | |
Dokumentart: | Dissertation | |
Betreuer: | Leidich, Erhard (Prof. Dr.-Ing.), Sauer, Bernd (Prof. Dr,-Ing.), Friedrich, Christoph (Prof.Dr.-Ing) | |
ISBN/ISSN: | 9783832276744 | |
Quelle: | Aachen : Shaker Verlag, 2008. - 225 S. | |
Freie Schlagwörter (Deutsch): | Stirnpressverbindung , Reibschluss , Schraubenverbindung , Drehmomentübertragung , Kurbelwelle | |
Tag der mündlichen Prüfung | 11.07.2008 |