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Universitätsbibliographie

Eintrag in der Universitätsbibliographie der TU Chemnitz

Volltext zugänglich unter
URN: urn:nbn:de:bsz:ch1-qucosa2-742354


Pätzold, Anna
Krems, Josef F. ; Vollrath, Mark ; Jahn, Georg (Gutachter)

Adaptive Human Machine Interfaces in a Vehicle Cockpit: Indication, Impacts and Implications


Kurzfassung in deutsch

Die Zunahme technologischer Innovationen in unserem Alltag bietet uns neue Chancen und Herausforderungen - auch als Autofahrer. Wenngleich die breitere Verfügbarkeit und Funktionsvielfalt von sowohl Fahrerinformations- (Human Machine Interface, HMI) und -assistenzsystemen als auch mobilen Endgeräten der Erfüllung von Nutzerbedürfnissen dienen und bestenfalls der Fahrerablenkung entgegenwirken sollen, wird der Fahrer durch diese nicht notwendigerweise bei der Fahraufgabe unterstützt. Die Anforderungen an die Informationsverarbeitung steigen hingegen, gleichzeitig besteht die Versuchung die Aufmerksamkeit nicht-fahrrelevanten Tätigkeiten zuzuwenden.
Fahrerablenkung ist seit jeher Thema der Verkehrsforschung, denn die Ablenkung von der Fahraufgabe kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Innerhalb der Interaktion von Fahrer, Fahrzeug und Umwelt spielt das HMI zur sicheren Erfüllung der primären Fahraufgabe hinsichtlich des Stabilisierens, Manövrierens und Navigierens eine essenzielle Rolle. Eine fahrsituationsabhängige Anpassung der dargestellten Informationen kann während dieser Interaktion variierender Anforderungen eine Unterstützung für den Fahrer darstellen.
Die vorliegende Dissertation hatte die Identifikation einer Gestaltungslösung für zukünftige Fahrerinformationssysteme, welche eine sichere und komfortable Nutzung während des Fahrens erlauben, zum Ziel. Hierfür wurde der nutzerzentrierte Gestaltprozess (User-Centred Design, UCD, DIN EN ISO 9241-210, 2010) verfolgt.
Im ersten Schritt, den Vor-Studien, wurden der Kontext und die Nutzeranforderungen in der Interaktion mit fahrfremden Tätigkeiten in einem explorativen Ansatz untersucht. Am häufigsten gaben die Fahrer an, ihr Smartphone während der Fahrt zur Navigation und Kommunikation zu nutzen. Die Bereitschaft sich einer fahrfremden Tätigkeit zuzuwenden, war maßgeblich von der Modalität dieser Tätigkeit in Interaktion mit dem aktuellen Fahrszenario abhängig. Insbesondere der Straßentyp beeinflusste die Entscheidung.
Die berichtete Bereitschaft zu fahrfremden Tätigkeiten wurde im zweiten Schritt des UCDs in einer Fahrsimulatorstudie, Studie I, untersucht. Sowohl für visuell-manuelle als auch kognitiv- auditive Nebentätigkeiten war die zuvor berichtete Nutzungsbereitschaft Prädiktor für das Fahrererleben und -verhalten. In Fahrszenarien, in denen die Bereitschaft für Nebentätigkeiten gering war, wurde eine höhere Beanspruchung wahrgenommen. Die Reaktionszeiten für die visuell-manuelle Aufgabe stiegen in Fahrszenarien geringer Bereitschaft. Für kognitiv-auditive Aufgaben wurden geringere Spurabweichungen und Geschwindigkeitsvarianzen in Fahrszenarien hoher Bereitschaft gefunden.
Diese Befunde flossen in die Gestaltung erster adaptiver HMIs ein, Schritt drei des UCDs, und wurden im vierten Schritt in einem Fahrsimulator gegen ein statisches sowie ein konfigurierbares HMI getestet, Studie II. Abhängig von der Komplexität des Fahrszenarios wurde die Informationsmenge der adaptiven HMIs erhöht bzw. reduziert. Keines der getesteten Konzepte beeinträchtigte die Bedienbarkeit des Systems oder das Fahrverhalten und Blickverhalten. Die adaptiven und das statische HMI unterschieden sich nicht hinsichtlich der subjektiven Beurteilungen und der Verhaltensmetriken. Das konfigurierbare HMI war den adaptiven und dem statischem hinsichtlich der User Experience (UX), Beanspruchung, dem Bedienkomfort und der Akzeptanz überlegen und zog weniger Aufmerksamkeit auf das Mittelkonsolendisplay.
Im Rahmen des UCDs wurden die adaptiven HMIs in einem iterativen dritten und vierten Schritt auf Basis der Ergebnisse der Studie II modifiziert und in einer Realfahrtstudie evaluiert, Studie III. Die adaptiven HMIs wurden gegen ein reduziertes, ein informationsreiches, und ein kontrollierbares HMI getestet. Einhergehend mit den Ergebnissen aus Studie II beeinträchtigte keines der Konzepte die Systembedienbarkeit oder das Fahr- und Blickverhalten. Alle Konzepte wurden gleichermaßen hoch in der UX und dem Bedienkomfort bewertet. Die Akzeptanz für das kontrollierbare Konzept war höher als für die adaptiven Konzepte. Das informationsreiche HMI erzeugte eine höhere subjektive Beanspruchung, insbesondere durch die wahrgenommene visuelle Belastung. Ebenso wurden längere Blickabwendungen von der Straße gefunden.
Das Adaptieren der Nutzeroberfläche ohne den direkten Einfluss des Nutzers birgt das Risiko ein Gefühl der Bevormundung hervorzurufen. Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein Verfahren zur Erfassung der Bevormundung durch Technologie mittels eines kombinierten Experten- und Novizenansatzes durch Interviews, Onlineumfragen und eines psycho- lexikalischen Ansatzes entwickelt. Die Ergebnisse des finalen Fragebogens (Technology Paternalism Questionnaire, TPaQ) zeigten eine höhere wahrgenommene Bevormundung der adaptiven Systeme im Vergleich zu den konfigurierbaren und kontrollierbaren. Kein Unterschied bestand hingegen zu den statischen Systemen, was für ein allgemein erhöhtes Bevormundungsgefühl durch vordefinierte Systeme spricht.
Die Befunde dieser Dissertation liefern eine Gestaltungslösung zur Unterstützung des Fahrers in der Interaktion mit dem Fahrzeug und der Umwelt. Informationen im HMI konnten reduziert und situationsabhängig adaptiv dargestellt werden, ohne das Fahrererleben und -verhalten zu beeinträchtigen. Um dem Gefühl der Bevormundung entgegenzuwirken und die UX zu erhöhen, sollte der Inhalt des HMIs für den Nutzer konfigurierbar, bzw. kontrollierbar sein.

Kurzfassung in englisch

As technology increases throughout our daily lives we are faced with new chances and challenges, also as car drivers. Extended availability and functionalities of in-vehicle information systems (IVIS) and driver assistance systems (ADAS) in addition to mobile device features tempt the driver into distraction from the driving task. Although the intent of the integration of new technologies is the fulfilment of drivers’ needs, it does not necessarily truly support the driver or counteract driver distraction.
Driver distraction is an everlasting topic in driving research as failures in managing the driving task can have severe effects. Within the interaction of the driver, the vehicle and the environment, in-vehicle information systems are crucial in guaranteeing a fulfilment of the primary driving tasks of navigating, stabilizing and manoeuvring. To support the driver in this interaction of varying demands a contextual, driving scenario-based adaptation of the content in the information system poses an opportunity.
The present doctoral thesis aimed at identifying a potential design solution for an IVIS to provide a safe and comfortable usage while maintaining safe driving behaviour. Therefore, an iterative user-centred design approach (UCD, DIN EN ISO 9241-210, 2010) was pursued. As a first step, the context and user requirements in interacting with non-driving-related tasks (NDRTs) were identified in the Pre-Studies following an explorative approach. Most prevalently, drivers engaged in using their smartphones for navigation and communication. The willingness to engage in an NDRT was reported to be dependent on the modality of the task in interaction with the driving scenario, where the road type had the highest impact.
As the second step, the reported engagement willingness was evaluated in a driving simulator, Study I. For both visual-manual and cognitive-auditory NDRTs the reported engagement willingness predicted the perceived workload. A higher workload was perceived in driving scenarios of a lower reported engagement willingness for NDRTs. This finding was supported by the driving behaviour. For the visual-manual task, behavioural data showed an increase in reaction times in the scenarios where engagement willingness was reported to be lower. For cognitive-auditory tasks lower lane departures and speed variances were observed in the driving scenarios with a higher reported engagement willingness.
These results fed into the third and fourth steps of the user-centred design process, Study II, in which first designs of an adaptive Human Machine Interface (HMI) were realised and tested in a driving simulator against a static and a configurable HMI. Based on the complexity of the driving scenario the information content in the HMI was reduced or increased. None of the HMI concepts adversely affected system usability, driving performance, or eye glance behaviour. The adaptive and the static concepts did not differ in subjective perceptions and
behavioural adaptations. The configurable HMI was superior to the adaptive and static HMI concepts in user experience (UX), perceived usability, subjective workload, as well as acceptance, and attracted less glances to the centre stack display (CSD).
Iteratively, the results of Study II were integrated in the adaptive HMI concepts and then tested in an on-road study, Study III. Two adaptive HMI concepts of higher adaptation degrees, a reduced, a loaded and a controllable HMI concept were evaluated regarding subjective perceptions and behavioural adaptations. Supporting the findings of Study II, the HMI concepts did not adversely affect system usability and driver behaviour. All concepts were equally high in UX and perceived usability. The controllable HMI showed some advances, as acceptance was higher than for the adaptive concepts. The loaded HMI provoked a higher workload, especially due to the visual load, and longer glances away from the road scene.
Changing the user interface (UI) without the users’ direct control poses responsibility on the system designer: Users can feel patronised by the technical system. A method to assess Technology Paternalism was developed applying a combined expert and novice approach, including interviews, online surveys and a psycholexical approach. The final questionnaire, the Technology Paternalism Questionnaire (TPaQ), showed good reliability and validity. The results of the TPaQ indicated that the adaptive HMI concepts were perceived more patronising than the configurable and controllable HMI concepts. Though, the adaptive concepts did not differ to the static concepts, speaking for a general feeling of patronisation through pre-defined concepts. Solely the control over the visualisation reduced the perceived patronisation by a technical system.
The findings within this doctoral thesis provide a design solution to face the issue of driver distraction and support the interaction of the driver, vehicle and environment. Information content in the HMI could be reduced and contextually adapted, as no adverse effects on drivers’ subjective perceptions and behavioural adaptations were found. In order to counteract a feeling of patronisation and increase the UX, the information content in the HMI should be configurable or controllable.

Universität: Technische Universität Chemnitz
Institut: Forschergruppe Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie
Fakultät: Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften
Dokumentart: Dissertation
Betreuer: Krems, Josef F.
SWD-Schlagwörter: Psychologie , Verkehrspsychologie , Fahrerverhalten , Mensch-Maschine-Kommunikation , Ablenkung
Freie Schlagwörter (Deutsch): Mensch-Maschine-Schnittstelle , Adaption , Fahrerablenkung , Bevormundung , User Experience
Freie Schlagwörter (Englisch): Human Machine Interface , Adaptation , Driver Distraction , Paternalism , User Experience
DDC-Sachgruppe: Psychologie
Sprache: englisch
Tag der mündlichen Prüfung 01.03.2021

 

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